Freitag 19 Ramadhaan 1445 - 29 März 2024
German

Ist das Scheidungsurteil eines nichtmuslimischen Richters oder seitens eines Gerichts(hofs) in den westlichen Ländern rechtskräftig?

109238

Herausgabedatum : 17-08-2017

Gesehen : 5324

Frage

Ich lebte mit meinem Ehemann, der drogenabhängig war, sechs Jahre lang in einem westlichen Land. Diese Zeit war mit Problemen und Auseinandersetzungen überhäuft. Als es unerträglich geworden ist, bat ich ihn mich scheiden zu lassen, woraufhin er es ablehnte. Ich wandte mich daraufhin ans Gericht, und die Scheidung wurde tatsächlich vollzogen. Seit dem sind etliche Jahre vergangen. Nun möchte ich wissen, ob diese Scheidung gültig war oder nicht, und ob es einen Weg gibt, dass ich wieder zu seiner Ehefrau werde?

Inhalt der Antwort

Alles Lob gebührt Allah..

Erstens:
Wenn der Ehemann insistent große Sünden (die größten der großen Sünden) begeht, wie den Konsum von Alkohol (Khamr) oder Drogen, so ist es der Frau gestattet die Scheidung zu verlangen. Falls der Ehemann ihr die Scheidung verweigert, hat sie das Recht die Angelegenheit vor einen islamischen Richter zu bringen, welcher den Ehemann dazu bewegen soll die Scheidung zu akzeptieren oder er die beiden selbst scheidet, falls der Ehemann es ablehnt. Wenn kein islamischer Richter aufzufinden ist, so soll sie ihre Angelegenheit vor eine islamische Vertretung in ihrem Land bringen, wie beispielsweise ein islamisches Zentrum, damit sie den Ehemann von der Scheidung überzeugen oder ihn dazu aufrufen ihrem Scheidungsgesuch (durch Khul’) nachzukommen. Danach ist es gestattet, dass diese islamrechtliche Scheidung durch ein nichtislamisches Gericht bescheinigt (beglaubigt) wird, wenn dafür die Notwendigkeit besteht.

Zweitens:
Wenn du dich an ein nicht-islamisches Gericht gewandt hast, welches deinen Mann zur Scheidung bewegt hat, er dieses mit Absicht der Scheidung ausgesprochen oder niedergeschrieben hat, so ist die Scheidung zustande gekommen.
Wenn er es nicht mit Absicht der Scheidung ausgesprochen oder niedergeschrieben hat, sondern das Gericht seinerseits das Scheidungsurteil gefällt hat, so ist die Scheidung seitens des nicht-muslimischen Richters nicht rechtskräftig (nicht als zustande gekommen anzusehen).
Die islamischen Rechtsgelehrten sind sich einig, dass die Zugehörigkeit zum Islam eine Voraussetzung für den Richter, der zwischen den Muslimen richtet, ist. Der Grund ist, dass das Richten eine Art vom Patronat ist, wobei es kein Patronat eines Nichtmuslim über einen Muslim gibt.

Ibn Farhun -möge Allah ihm barmherzig sein- sagte: „Al-Qadi ˈIyad -möge Allah ihm barmherzig sein-sagte: „Die Voraussetzungen für die Gerichtsbarkeit, ohne welche sie weder vollständig ist, noch ihr Patronat (Schirmherrschaft) zustande gekommen ist, und (auch) ihre Verträge ohne sie keine Gültigkeit besitzen sind zehn: Die Zugehörigkeit zum Islam, der Verstand (Zurechnungsfähigkeit), die Männlichkeit, die Freiheit, die Geschlechtsreife (Erwachsensein), die Gerechtigkeit (guter Charakter), das Wissen, dass man eine einzelne Person ist (also keine zwei Richter), weder taub, stumm, noch blind ist. Die ersten achten sind Voraussetzungen für die Richtigkeit (Gültigkeit) des Patronats. Die drei letzten sind keine Voraussetzung für die Richtigkeit, jedoch zieht deren Nichtvorhandensein die Enthebung (des Richters) nach sich.
Das Patronat eines Nichtmuslim oder eines Wahnsinnigen (Verrückten) über einen Muslim ist dem Konsens nach ungültig.““
[Ende des Zitats aus „ „Tabsiratu Al-Hukami“ (1/26). Siehe dazu „Al-Mawsuˈa Al-Fiqhiyya (33/295)]

Die abschließende Verlautbarung der zweiten Konferenz des Rechtskonzils Nordamerikas, abgehalten am 4.-7. Jumada Al-Ula 1425 n. H. (22.-25. Juni 2004) in Kopenhagen (Dänemark), zusammen mit der Muslim World Liga, lautete:
„Es wird gestattet sich in einem nicht islamisch regiertem Land an ein nicht-muslimisches Gericht zu wenden, um auf diesem Weg sein Recht einzufordern oder eine Ungerechtigkeit abzuwenden, unter der Voraussetzung, dass man sich (vorher) an Träger der islamischen Gerichtsbarkeit wendet, damit das in dieser Situation obligatorische islamrechtliche Urteil bestimmt wird, sowie dass man sich darauf beschränkt und darauf bedacht ist es in die Praxis umzusetzen.“

Darin wurde auch gesagt:

„Die siebte Klausel: Die Reichweite der Gültigkeit eines zivilrechtlichen Scheidungsurteils, welches seitens eines Gerichts außerhalb der islamischen Länder gefällt wurde:
Die Resolution stellt klar, dass wenn der Mann sich von seiner Ehefrau durch eine islamrechtlich rechtskräftige Scheidung trennt, es keinen Einwand dagegen gibt dies von einem nichtislamischen Gericht zu beurkunden. Für denn Fall, dass sich die Ehepartner im Scheidungsstreit befinden, übernehmen die islamischen Zentren die Rolle des islamischen Richters, wenn es keinen gibt, und nachdem alle erforderlichen gesetzlichen Prozeduren unternommen worden sind. Sich an ein nicht-islamisches Gericht zu wenden, um die Ehe  gesetzlicherseits aufzulösen (zu beenden) bedeutet an sich noch lange nicht die Auflösung der Ehe islamrechtlicherseits. Wenn die Frau eine zivilrechtliche Scheidung erwirkt hat, so soll sie sich damit an die islamischen Zentren wenden und das an jene, die unter den Leuten des Wissens zur islamischer Gerichtsbarkeit befähigt sind, um die Angelegenheit islamrechtlicherseits zu vervollständigen. In dieser Situation ist es unangebracht (nicht möglich) die Notwendigkeit als Einwand einzubringen, da islamische Zentren in verschiedenen Regionen vorhanden sind und man mit aller Einfachheit auf sie zurückgreifen kann.“ [Ende des Zitats]

Hierauf basierend bist du dazu verpflichtet dich an ein islamisches Zentrum in deinem Land zu wenden, wobei sie sich dann einen Einblick in die Angelegenheit verschaffen werden.

Drittens:
Wenn der Ehemann seine Ehefrau zum ersten und zum zweiten Mal scheiden lassen hat (ihr den Talaq gab), und (nachdem) ihre Wartezeit (ˈIddah) verstrichen ist, so ist es ihm gestattet sie ein weiteres Mal zu heiraten, mit einem neuen Ehevertrag, einer neuen Brautgabe (Mahr), und in Anwesenheit des Obhuts (Waliy) und der Zeugen.
Falls sie jedoch drei Mal scheiden gelassen worden ist, so ist es ihrem ersten Ehemann nicht gestattet sie zu heiraten, erst nachdem sie einen anderen Ehemann willentlich (aus Verlangen) geheiratet hat und wegen der Umgehung des Urteils, und nachdem (dieser zweite Ehemann)  verstorben ist oder sie scheiden ließ.

Und Allah weiß es am besten.

Quelle: Islam Q&A